Amppipal
Wie viele andere habe auch ich zum ersten Mal von der Klinik in Amppipal in Dr. Thomas Hales Buch [Geheimnisvolles Nepal] (aus dem Hänssler-Verlag) gelesen.. Von seinen Abenteuern in dem damaligen Missionskrankenhaus beeindruckt, machte ich mich während meines Nepalaufenthaltes zusammen mit Purna meinem Guide und einigen medizinischen "Geschenken" auf den Weg nach Amppipal.
Von Pokhara aus erreichten
wir Turture nach einer 3-stündigen Busfahrt. Von hier aus mussten
wir die weitere Strecke zu Fuß zurücklegen. Außerhalb der
Regenzeit fährt noch ein Bus von Turture nach Tadi Pokhari. Ab
hier heißt es dann aber endgültig laufen! Purna schleppte
meinen schweren "Geschenkkarton". Tadi Pokhari ist ein kleines
Dorf mit einigen Tee-Shops und einer Schule. Wir machten eine
kleine Pause und aßen Chaumin (gebraten Spaghetti mit Gemüse).
Mir war schon jetzt ziemlich heiß, obwohl wir bisher nur relativ
eben gelaufen waren. Zufällig trafen wir auf Dr. Thapa, den Arzt
vom Krankenhaus in Amppipal. Er war in
Kathmandu gewesen und nun begleiten wir ihn auf seinem Rückweg zurück in die Klinik.
Welch ein Glück für uns, denn ob wir ohne Dr. Thapa den richtigen Weg gefunden
hätten, bezweifle ich stark.
In Tadi Pokhari biegt man von der Hauptstrasse rechts
in eine unscheinbare Gasse ab, steigt über einen glitschigen
Pfad ab und läuft dann durch ein Labyrinth aus unzähligen
Reisfeldern. Die Wege waren extrem schmal und rutschig, aber die
Landschaft mit den vielen Reisterrassen und Bewässerungskanälen
war fantastisch. Anschließend stieg der Pfad
langsam an. Wir waren jetzt direkt unter dem Berg Lig-Lig, den
wir leider wegen den dichten Wolken nicht sehen konnten. Der Weg
führte durch ein Bachbett, weiter in einen Wald hinein und dann
steil den Berg hinauf.
Langsam wurde es anstrengend. Die Hitze,
die Luftfeuchtigkeit und das Gepäck machten mir zu schaffen.
Mein T-Shirt war klatschnass und der Schweiß tropfte mir von der
Stirn. So etwas hatte ich noch nie erlebt! Aber der härteste
Teil der Strecke lag noch vor uns. Kurz nach einer kleinen muslimischen
Siedlung kamen wir eine scheinbar unendlich lange Treppe
(von mir the never ending stairway genannt). Zum
Glück machten wir zwischen dem Treppensteigen eine
Pause. Dr. Thapa erzählte mir, dass er genau an dieser
Stelle vor gar nicht langer Zeit einen Tiger gehört habe. So
etwas kommt zwar selten vor, aber trotzdem muss man hier mit solch
einer Begegnung rechnen. Viel mehr Sorge machte mir allerdings
das Wetter. Es bewölkte sich immer mehr. Hoffentlich würden wir
unser Ziel noch vor dem Regen erreichen. Das letzte Stück des
Weges verlief in einem Bogen relativ eben entlang des Lig-Lig.
Der Juga-Trail machte seinem Namen alle Ehre. Juga
ist Nepali und bedeutet Blutegel. Und davon wimmelte es hier,
besonders in der Regenzeit. Keiner von unserer Gruppe blieb
verschont. Wir entfernten die Blutegel einfach mit der Hand.
Endlich erreichten wir nach
einem 3 ½ Stunden Marsch Amppipal. Das Dorf liegt an einem
Berghang und direkt gegenüber das Krankenhaus, ca. ½ Stunde zu Fuß
entfernt. Ein typisches nepalesisches Dorf, das noch nicht vom
Tourismus beeinflusst ist. Im Guesthouse des Krankenhauses bekamen wir für die
Nacht ein Zimmer zur Verfügung gestellt. Gerade als wir die
Türe aufschlossen, prasselte ein heftiger Regenguss los. Zum Glück
hatten wir es noch rechtzeitig geschafft!
Da es schon spät war
und dunkel wurde, bereitete Didi ("große Schwester")
das Dal Bhat zu. Es schmeckte uns ausgezeichnet. Hundemüde
legten wir uns in unsere Betten. Erst morgen würden wir das
Krankenhaus besichtigen, für heute hatten wir genug. Ich
versuchte einzuschlafen, was wegen des harten Bettes und den
Gedanken an die riesige Spinne (Vogelspinne??) und an die Blutegel im
Nachbarzimmer nicht so einfach war.
Am nächsten Morgen konnte
ich Dr. Thapa endlich mein Geschenkpaket überreichen: einige
Medikamente, Spritzen, Otoskope und Instrumente die ich in
Deutschland organisiert hatte. Bestimmt konnte Dr. Thapa alles
gut gebrauchen.
Dann nahm mich Dr. Thapa mit zur Visite.
Von 55 Betten konnten wegen Personalmangels nur 24 belegt
werden. Die meisten Patienten leiden an Typhus, Pneumonie, oder
kommen wegen einer anstehenden Operation ins Hospital. Plötzlich
wurde die Tür aufgerissen und 2 Männer trugen eine Frau herein.
Zum Transport waren mehrere Tücher an eine Bambusstange gebunden
worden. Die Männer trugen die Stange und die Frau lag in den
Tüchern: Krankenwagen in Nepal! Sie war hochschwanger, 39+5 SSW.
Wir gingen weiter in die Ambulanz. Hier werden täglich bis zu 50
Patienten behandelt. Es gibt sogar ein extra
Zimmer nur für Zahnbehandlungen. In einem separaten Bereich der
Klinik wohnen Patienten mit Tuberkulose. Für 2 Monate leben die
Kranken im eigenen Zimmer und bekommen regelmäßig ihre
Medikamente. Versorgen (kochen) müssen sie sich während dieser
Zeit selbst. Aus diesem Grund ist vor jeder Patientenwohnung eine offene Feuerstelle
gemauert worden.
Zum Abschluss unserer Besichtigungsrunde zeigte mir Dr. Thapa noch den OP. 2 Säle stehen hier zur
Verfügung. Ich wunderte mich über die recht gute Ausstattung
(siehe Bilder), vor allem deshalb, weil ja alles zum Krankenhaus getragen werden muss. Selbstverständlich werden keine
Sauerstoffflaschen auf den Berg geschleppt; man behilft sich im OP mit
einem Sauerstoffkonzentrator.
Leider war ich nur sehr kurz
in Amppipal, aber trotzdem bekam ich einen guten Einblick vom
Hospitalleben. Amppipal ist in jedem Fall eine Reise wert. Zum
einen lernt man Nepal von seiner Nicht-Touristenseite kennen, zum
anderen ist das Krankenhaus und die Arbeit vor Ort sehr
interessant. Wenn man ein paar Brocken Nepali spricht ist das
sehr hilfreich, da in Amppipal nur wenige Englisch sprechen.
Für
den Weg nach Amppipal sollte man sich unbedingt einen Guide
nehmen, der schon einmal hier war und den Weg kennt!
Daniel Eger